Wohnen und Leben gehören unmittelbar zueinander. In der englischen Sprache wird nicht zwischen „wohnen“ und „leben“ unterschieden. Beides wird übersetzt mit „to live“. Für den Künstler Friedensreich Hundertwasser, ist das Haus neben der biologischen Haut, der Kleidung, der sozialen Identität und der Natur die dritte von fünf Häuten, die den Menschen umgeben. Diese Häute schützen uns nicht nur, sie lassen uns auch uns selbst entfalten.
Wohnen befriedigt also grundlegende Bedürfnisse des Menschen. Die wichtigste, aber nie die einzige Funktion, ist der Schutz. Während wir uns einst vor der Witterung oder wilden Tieren in Sicherheit bringen mussten, nutzen wir unsere eigenen vier Wände heute eher, um uns zurückzuziehen. Doch das Gebäude allein reicht nicht als Schutz: Haussegen und Mietverträge geben uns zusätzliche Sicherheit und verstärken das Gefühl von Geborgenheit und „Home sweet home“.
Schlüssel und Schloss sichern vor fremdem Zugriff. Mit dem Kruzifix, der Mesusa im Judentum oder in römischer Zeit mit einem Lararium (Hausschrein) versichert man sich der Gunst höherer Mächte. In diesem prachtvollen Türbeschlag aus Ladenburg, dem früheren Lopodunum, kommen praktische und symbolische Funktion zusammen: Mit einem Ring im Maul wird der Löwe Türklopfer und Beschützer gleichzeitig. Das schöne Stück gehört zum größten Set von Türbeschlägen, der aus dem gesamten römischen Reich erhalten ist – ausgerechnet in der germanischen Provinz.
Herkunft: Ladenburg, Baden-Württemberg
Datierung: 1. Hälfte 3. Jh. n. Chr., römisch-kaiserzeitlich
Leihgeber: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Konstanz
Foto: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, M. Hoffmann
Auf die Schutzfunktion reduzieren lässt sich weder eine Hütte noch ein Palast. Wohnen ist vieles zugleich. Die Architektur sehen wir zuerst, dann die Einrichtung. Unsere Einrichtung begleitet uns zum Teil in mehreren Wohnungen, denn sie ist mobil, eben Mobiliar. Außerdem werden im Zuhause gesellschaftliche Entwicklungen und Beziehungen verhandelt, beispielsweise das Verhältnis von Mann und Frau oder auch zwischen den Generationen.
Das gilt schon für die frühesten und scheinbar einfachsten festen Wohnbauten, wie die durchschnittlich 12 m² kleinen Einraumhütten des Fischerdorfes Lepenski Vir. Bevor man baut, während man wohnt, sogar noch nach dem Auszug – immer wieder sind die Hütten auch Ort von Bestattungen. So wird die Geschichte der Wohnung mit der Familiengeschichte verknüpft, wobei das Herdfeuer in Leben und Tod der Bezugspunkt ist. In dessen Nähe erscheinen auch eindrucksvolle mobile Statuetten wie die sogenannte „Wasserfee“, die der eigentümlich scheinenden Sitte ein menschliches Gesicht verleihen.
Herkunft: Lepenski Vir, Serbien
Datierung: 6200–5900 v. Chr., meso-/neolithisch
Leihgeber: National Museum of Serbia, Belgrade
Ab dem 16. Jahrhundert sind aufwendige Puppenhäuser als Prunkstücke in reichen Haushalten zu finden - mit den ältesten Beispielen wird aber nicht gespielt, sie sollen mit modischer Einrichtung Gäste beeindrucken. So geben sie Einblick in die Wohnkultur. Aber auch als Spielzeug verraten Puppenstuben gesellschaftliche Ideale: Im Miniaturformat werden Kinder auf die spätere Haushalts- und Geschäftsführung vorbereitet.
Die dabei erlernte Vorstellung von Wohnen nach Funktionen – mit Küche, Bad, Schlaf-, Wohn- und Kinderzimmer – scheint uns zwar heute selbstverständlich, ist aber kaum älter als die Puppenhäuser selbst.
Herkunft: Deutschland
Datierung: 1930er
Leihgeber/Foto: Staatliche Museen zu Berlin,
Museum Europäischer Kulturen,
Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum, heißt es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Ein Recht auf eine Wohnung leitet sich daraus aber nicht ab. Wohnen darf, wer einen Mietvertrag hat und die Miete bezahlen kann. Schon in der Antike sind Mietverträge belegt:
Im März 540 mietet Flavios Ammonios, Sohn des Kollouthos, von Flavios Josephios, Sohn des Petros, im ägyptischen Fayum ein Zimmer mit Zubehör und Teilen von Brunnen, Hof, Treppe und Tor für den Preis von 3 ½ keratia (etwa 0,67 g) Gold pro Jahr. Mindestens drei Personen bezeugen den Mietvertrag.
Eine Familie von elf Personen teilt sich in Berlin 1919 eine Einzimmerwohnung mit Küche. Diese beengten Wohnverhältnisse sind allerdings nicht die Folge des 1. Weltkriegs, sondern die Fortsetzung eines älteren Problems. Zur Zeit der Industrialisierung (ab 1830) strömen die Menschen vom Land in die Städte, um in Fabriken zu arbeiten. Schon bald reicht der Wohnraum nicht mehr aus, Enge und schlechte hygienische Bedingungen sind die Folge.
Herkunft: Ägypten
Datierung: 27. März 540 n. Chr.
Leihgeber: Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Fußmatten sind gerne mal der erste Hingucker und sollen klarstellen, wie die Bewohner ticken. Unsere sehr persönliche Top 5 der seltsamsten Fußmattensprüche:
Platz 5: Gestern war hier noch aufgeräumt
Platz 4: Herzlich Willkommen wäre übertrieben
Platz 3: HerWeinspaziert
Platz 2: Rama Lama Ding Dong
Platz 1: Bitte Abtreten (und daneben der Sensenmann)
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